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Berberitzenwurzelrinde - Berberidis radicis cortex

Stammpflanze: Berberis vulgaris L. / Sauerdorn, Berberitze [Fam. Berberidaceae / Berberitzengewächse]. Synonyme:  Berberis jacquinii hort. ex K. KOCH, Berberis sanguinea hort. ex K. KOCH, Berberis vulgaris f. atropurpurea REGEL, Berberis vulgaris var. purpurea BERTIN ex JACQUES & Hérincq. Dt. Synonyme: Zu den zahlreichen deutschsprachigen, überwiegend regionalen und heute kaum noch benutzten Bezeichnungen zählen u. a. Baysel, Beerdorn, Bilsendorn, Dornholz, Dornstaude, Dreidorn, Dreidornenspitz, Dreifaltigkeitsdornen, Erbselbeere, Erbseldorn, Erbsele, Essigdorn, Essigzapfen, Farbholz, Geißblatt, Guggerlaub, Hasenbrot, Heilandsdorn, Judendorn, Kreuzdorn, Kronsbeer, Peiselbeere, Saurach, Schwider, Spitzbeere, Surbeere, Wehdorn, Wein-Nägelein, Weinscheidling, Weinschierling, Weinzäpfel und Zitzenbeere. Englisch: Barberry, Common barberry, European barberry, jaundice-berry, Pipperidge bush, piprage.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Von April bis Juni blühender, bis 3 m hoher, sommergrüner, dorniger Strauch mit gezähnten Blättern. Die Langtriebe sind stark gefurcht, im ersten Jahr bräunlichgelb, später mehr weißgrau und mit großen, 1 bis 2 cm langen, meist dreiteiligen Dornen versehen, in deren Achseln Kurztriebe mit verkehrt-eiförmigen, stechend gewimperten Blättern stehen. Die gelben, dreizähligen Blüten sind in hängenden, 5 bis 7 cm langen Trauben angeordnet. Die Blütenhülle besteht aus 15 Perigonblättern, die in 5 Kreisen aus jeweils drei Blättern angeordnet sind. Die Perigonblätter besitzen am Grund zwei Nektarhöcker. Der Fruchtknoten ist oberständig, der Griffel kurz und die Narbe kopfig. Die bis 12 mm langen Beeren sind länglich und zur Reife im Oktober blutrot gefärbt.

Verbreitung: Heimisch in Europa von Spanien über Mittel- und Südeuropa bis zum Kaukasus und der Türkei. Durch Kultivierung und nachfolgende Verwilderung heute auch in anderen Regionen der Erde verbreitet. Anzutreffen auf kalkhaltigen Böden in lichten Trockenwäldern und -gebüschen, Auenwäldern, an Waldrändern und in Hecken.

Droge: Die getrocknete Rinde unterirdischer Teile von Berberis vulgaris L.

Beschreibung der Droge: Die Wurzelrinde ist außen graubraun, glatt oder runzelig, innen braungelb bis grünlichgelb, längsgestreift, nicht sehr hart und oft blättrig zerfallen.

Geruch und Geschmack: Charakteristisch herber Geruch und bitterer Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Berberis-vulgaris-Rinde, Berberitzenrinde, Berberitzenwurzelrinde, Sauerdornwurzelrinde. Englisch: Barberry root bark, Pipperidge root bark. Lateinisch: Cortex Berberidis radicis.

Herkunft: Ausschließlich aus der Sammlung aus Wildbeständen. Importiert wird die Droge insbesondere aus Bosnien, Herzegowina und Frankreich, gelegentlich auch aus den USA, Pakistan, der Türkei und Indien ("indische Qualität").

Verfälschungen: Die Handelsdroge ist häufig durch Beimischungen der hell- bis graubraun gefärbten Zweig- und Stammrinde (15-50 %) verunreinigt, aus Indien stammende Droge öfters auch durch die Rinde anderer Arten der Gattung.

Inhaltsstoffe: Benzylisochinolinalkaloide: Gehalt bis 13 %. Untergliedert in Protoberberine (5-6 %) mit Berberin als Hauptkomponente sowie Jateorhizin und Palmatin als Nebenkomponenten, Bisbenzylisochinoline (4,8-5,4 %) mit Berbamin und Oxyacanthin als nennenswerten Komponenten sowie die Aporphin-Base Magnoflorin.

Wirkungen: Die Droge bzw. aus dieser gewonnene Extrakte wurden bislang nur recht sporadisch pharmakologischen Untersuchungen unterzogen. Nachgewiesen wurden u. a. schwache blutdrucksenkende, choleretische, antipyretische und antiphlogistische Effekte. Das Hauptalkaloid Berberin besitzt antibakterielle sowie antimykotische Wirkungen und hemmt die Bildung bakterieller Endotoxine. Weiterhin besitzt es leberprotektive Eigenschaften, wirkt spasmolytisch, antiphlogistisch, stimuliert die Ausscheidung von Galle und Bilirubin, hemmt die Aggregation von Blutplättchen sowie die durch Applikation von 20-Methylcholanthren bzw. N-Nitrosodiethylamin induzierte Entstehung von Karzinomen.

Anwendungsgebiete: Infolge unzureichender Wirksamkeitsnachweise wird Berberitzenwurzelrinde ausschließlich in der Volksheilkunde verwendet. Indikationsgebiete sind u. a. Leberfunktionsstörungen, Gallenleiden, Gelbsucht, Milzleiden, Verdauungsstörungen, Diarrhoe, Nierenleiden, Harnwegsbeschwerden, Gicht, Rheuma und Arthritis. Allgemein ist vom Gebrauch abzuraten.

Gegenanzeigen: Bei fieberhaften Nierenentzündungen ist die Droge nicht anzuwenden.

Unerwünschte Wirkungen: Bei Überdosierung (Dosen über 4 g entsprechend 0,5 g Berberin) Gefahr von leichter Benommenheit, Nasenbluten, Erbrechen, Diarrhoe, Nierenreizungen und evtl. Nephritis.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Bis zu zweimal täglich 2 g als Infus auf 250 ml Wasser, von der Tinktur 20-40 Tropfen pro Tag.

Sonstige Verwendung: Die Droge wird hauptsächlich in der Homöopathie verwendet. Für den homöopathischen Gebrauch muss die Droge einen Mindestgehalt an Alkaloiden von 2,0 % aufweisen. Anwendungsgebiete sind Nierenerkrankungen und Harnwegserkrankungen, insbesondere Nierensteinleiden, Gicht, Rheuma, Erkrankungen der Leber und Gallenblase, trockene Hauterkrankungen und Fisteln. Die Applikation erfolgt peroral, parenteral, mittels Suppositorien sowie äußerlich als Salbe.


Bilder:

Die Berberitze ist ein sommergrüner, dorniger Strauch, der in Mitteleuropa vor allem in lichten, trockenen Wäldern anzutreffen ist (s. Abbildung links oben). Die Langtriebe sind mit recht kräftigen, dreiteiligen Dornen versehen, an den Kurztrieben finden sind die verkehrt-eiförmigen, stechend gewimperten Blätter (s. Abbildung links unten). Die gelben Blüten sind in meist lockeren, herabhängenden Trauben angeordnet (s. Abbildung rechts oben). Sie bestehen aus 15 Perigonblättern, die an ihrem Grund zwei dottergelb gefärbte Nektarhöcker aufweisen (s. Abbildung rechts unten). Aus dem oberständigen Fruchtknoten entwickeln sich längliche Beerenfrüchte (s. Abbildung unten), die zur Reifezeit im Oktober eine blutrote Farbe aufweisen.

 

 

Literatur: Anis KV, Rajeshkumar NV, Kuttan R, Inhibition of chemical carcinogenesis by berberine in rats and mice, J. Pharm. Pharmacol. 53 (2001): 763-768; Homöopathisches Arzneibuch 2000; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999; Ivanovska N, Philipov S, Study on the anti-inflammatory action of Berberis vulgaris root extract, alkaloid fractions and pure alkaloids, Int. J. Immunopharmacol. 10 (1996): 553-561; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Janbaz KH, Gilani AH, Studies on preventive and curative effects of berberine on chemical-induced hepatotoxicity in rodents, Fitoterapia 71 (2000): 25-33; Kupeli E, Kosar M, Yesilada E, Husnu K, Baser C, A comparative study on the anti-inflammatory, antinociceptive and antipyretic effects of isoquinoline alkaloids from the roots of Turkish Berberis species, Life Sci. 72 (2002): 645-657; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; van Wyk BE, Wink C, Wink M, Handbuch der Arzneipflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004.


© Thomas Schöpke