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Terpentinöl vom Strandkiefer-Typ
Terebinthinae aetheroleum ab pino pinastro
[Ph. Eur. 5. Ausgabe, Grundwerk 2005]

Stammpflanze: Pinus pinaster AITON / Strandkiefer [Fam. Pinaceae / Kieferngewächse]. Synonyme: Pinus maritima LAM. (nom. illeg.). Dt. Synonyme: Igelkiefer, Meerfichte, Meerfuhre, Meerkiefer, Sternkiefer, Seekiefer, Seestrandkiefer. Englisch: Bournemouth Pine, cluster pine, maritime pine, pinaster, seaside Pine, tree of gold.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Bis 35 m hoher Baum mit kegelförmiger Krone und zahlreichen Ästen, die bei älteren Bäumen oft nur im oberen Viertel vorhanden sind. Der Stamm kann einen Umfang bis 4,30 aufweisen und die Borke älterer Bäume ist dick, rotbraun und tief rissig.  Die meist nach 3 Jahren abfallenden, 10 bis 20 cm langen, steifen, stechenden Nadeln stehen in Gruppen zu 2 an den Triebenden. Ihre Scheiden sind schwärzlich und 20 bis 25 mm lang. Die großen, spindelförmigen, braunen, nicht harzigen Knospen besitzen zurückgeschlagene Spitzen. Die in Gruppen zu 7 bis 7 angeordneten, eikegelförmigen, hellbraun glänzenden, schief abwärts gerichteten Zapfen besitzen einen 15 bis 20 mm langen  Stiel. Nach der Samenreife verbleiben sie noch an den Bäumen, von denen sie erst nach mehreren Jahren abfallen. Die graubraunen, eilänglichen Samen sind 7 bis 8 mm lang und 2 bis 3 cm lang geflügelt.

Verbreitung: Heimisch entlang der Mittelmeerküste Marokkos, Spaniens, Frankreichs, Korsikas, Nord-Italiens, Jugoslawiens, Korsikas und Sardiniens sowie an der portugiesischen, spanischen und französischen Atlantikküste. Eingebürgert ferner in Teilen der Britischen Inseln, Australiens, Neuseelands, Südamerikas, Südafrikas und Hawaiis.

Droge: Das aus dem durch Anzapfen von Pinus pinaster AITON gewonnene Harz mittels Wasserdampfdestillation und anschließende Rektifikation bei einer Temperatur unter 180 °C erhaltene ätherische Öl, welches als Zusatz ein geeignetes Antioxidans enthalten kann. Hinweis: Ältere Arzneibücher führen die Monographie "Gereinigtes Terpentinöl - Terebinthinae aetheroleum rectificatum", in der neben Pinus pinaster auch andere Kiefern-Arten als Stammpflanze zugelassen werden, unter diesen die in Nordamerika heimische Pinus palustris MILLER (eine botanische Beschreibung findet sich in der Monographie "Kolophonium - Colophonium") sowie die u. a. in Mitteleuropa weit verbreitete und vielfach kultivierte Pinus sylvestris L. (botanische Beschreibung in der Monographie "Kolophonium - Colophonium" und in der Monographie "Kiefernnadelöl - Pini aetheroleum").

Beschreibung der Droge: Klare, farblose bis blassgelbe Flüssigkeit.

Geruch und Geschmack: Charakteristischer, terpentinartiger Geruch und scharfer, kratzender Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Gereinigtes Terpentinöl, Medizinalterpentinöl. Englisch: Turpentine oil. Lateinisch: Oleum Terebinthinae medicinale, Oleum Terebinthinae rectificatum, Terebinthinae aetheroleum rectificatum.

Herkunft: Frankreich, in geringerer Menge auch andere Mittelmeerländer.

Gewinnung der Droge: Ausgangsmaterial für die Gewinnung von Terpentinöl ist der durch das "Abharzen" der Bäume gewonnene Harzbalsam (zur Vorgehensweise siehe Monographie "Kolophonium - Colophonium"). Dieser enthält etwa 20 % flüchtige Bestandteile, die im ersten Schritt durch Wasserdampfdestillation abgetrennt werden. Der zweite Schritt besteht in der Rektifikation des ätherischen Öls. Offizinell ist das Öl, welches bei einer Temperatur unterhalb 180 °C erhalten wird.

Inhaltsstoffe: Überwiegend Monoterpenkohlenwasserstoffe. Hauptbestandteil mit einem durchschnittlichen Gehalt von 63 bis 65 % ist (–)-α-Pinen. Neben diesem besteht das Öl ferner aus ca. 18 bis 27 % (–)-ß-Pinen, 8,2 % Limonen sowie je 1% Camphen, Myrcen und Terpinolen.

Wirkungen: Hyperämisierend, antiseptisch und die Bronchialsekretion vermindernd.

Anwendungsgebiete: Äußerlich und innerlich bei chronischen Erkrankungen der Bronchien mit starker Sekretion. Ausschließlich äußerlich bei rheumatischen und neuralgischen Beschwerden.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: In der Volksheilkunde innerlich bei Blasenkatarrh, Gallensteinen sowie bei Vergiftungen durch Phosphor sowie äußerlich bei Krätze, Verbrennungen, Erfrierungen, Hautverletzungen, als Desinfektionsmittel und zum Schutz vor Moskitos. Wirksamkeitsnachweise für die volkstümlichen Anwendungsgebiete fehlen ausnahmslos.

Gegenanzeigen: Terpentinöl darf nicht angewendet werden bei bestehender Überempfindlichkeit gegenüber ätherischen Ölen und nicht inhaliert werden bei akuten Entzündungen der Atmungsorgane.

Unerwünschte Wirkungen: Bei äußerer, großflächiger Anwendung können Vergiftungserscheinungen wie z.B. Nieren- und ZNS-Schäden.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Die innerliche Anwendung bei chronischen Erkrankungen der Bronchien erfolgt per Inhalation. Zu diesem Zweck einige Tropfen Terpentinöl in heißes Wasser geben und die Dämpfe einatmen. Zur äußerlicher Behandlung verwendet man 10-50prozentige flüssige oder halbfeste Zubereitungen von Terpentinöl wie Salben, Gele, Emulsionen oder Öle. Bei von Bronchialerkrankungen Brust und Rücken mehrmals täglich einreiben, bei rheumatischen und neuralgischen Beschwerden mehrmals täglich die betroffenen bzw. schmerzenden Stellen einreiben.

Sonstige Verwendung: Terpentinöl ist der wichtigste Ausgangsstoff für Gewinnung von α-Pinen und ß-Pinen, die ihrerseits als Ausgangsstoffe für die Synthese von zahlreichen Monoterpenen wie z. B. Citral, Citronellal und Isobornylacetat fungieren. Allerdings wird zu diesem Zweck vor allem das aus der nordamerikanischen Sumpfkiefer gewonnene Terpentinöl verwendet.


Literatur: Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, 6. Nachtrag und 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2002; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 90 vom 15.05.1985 (Berichtigung 13.0319.90); Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database].


© Thomas Schöpke