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Königskerzenblüten / Wollblumen - Verbasci flos
[Ph.Eur. 5. Ausgabe, Grundwerk 2005]

Stammpflanzen: Verbascum thapsus L. / Kleinblütige Königskerze, Verbascum densiflorum BERTOL. (Verbascum thapsiforme SCHRAD.) / Großblütige Königskerze und Verbascum phlomoides L. / Windblumen-Königskerze [Fam. Scrophulariaceae / Braunwurzgewächse]. Synonyme: Verbascum thapsus: Verbascum crassifolium LAM. et DC., Verbascum montanum SCHRADER, Verbascum pseudothapsiforme RAPIN; Verbascum densiflorum: Verbascum thapsiforme SCHRAD.; Verbascum phlomoides: Verbascum rugulosum WILLD. Dt. Synonyme: Verbascum thapsus: Kleine, Kleinblumige oder Echte Königskerze; Verbascum densiflorum: Große bzw. Großblumige Königskerze, Wollkraut; Verbascum phlomoides: Filz-Königskerze, Fischkörnerkerze, Königskerze. Englisch: Verbascum thapsus: mullein, common mullein, great mullein, flannelleaf, flannelplant, Aaron's-rod, velvetplant; Verbascum densiflorum: mullein; Verbascum phlomoides: mullein, orange mullein.

Botanische Beschreibung der Stammpflanzen: Zweijährige Pflanzen mit spindelförmiger, verzweigter Hauptwurzel. Im ersten Lebensjahr nur mit grundständiger Blattrosette, im zweiten Jahr mit aufrechtem, blütentragendem Stengel. Obere Blätter stets am Stengel herablaufend, alle Blätter beiderseits dicht wollig-filzig. Kurz gestielte Blüten in einer Thyrse aus ährig angeordneten Knäueln (Scheinähre). Scheinähre einfach und endständig. Blüten gelb, 5zählig, leicht dorsiventral, mit ungleich langen Staubblättern. Die 2 langen Staubblätter kahl, die 3 kürzeren wollig behaart. Verbascum thapsus: Größe 0,3-1,7 m. Blätter vollständig herablaufend, schwach gekerbt. Krone weit trichterförmig, 15-25 mm breit, hellgelb, seltener weißlich. Staubbeutel 1,5-2 mm lang, an den Staubfäden kurz herablaufend. Die 2 längeren Staubblätter etwa 3-4mal so lang wie die Staubbeutel. Verbascum densiflorum: Größe 0,5-2,5 m. Nur mittlere und obere Blätter bis zum nächsten Blatt herablaufend, deutlich gekerbt, eiförmig, untere elliptisch. Krone flach oder fast flach, 30-40 mm breit, hellgelb. Längere Staubfäden nur 0,5-2mal so lang wie die 3,5-5 mm langen, weit herablaufenden Staubbeutel. Verbascum phlomoides: Größe 0,5-2 m. Mittlere und oberer Blätter nur etwas, niemals bis zum nächsten Blatt herablaufend, undeutlich gekerbt, länglich-eiförmig, untere breit elliptisch. Blüten wie V. densiflorum.

Verbreitung: Stets an sonnigen warmen Standorten auf meist trockenen, sandigen Böden. Verbascum thapsus: Heimisch in Mittel- und Südeuropa sowie in Zentralasien. In zahlreichen Regionen Nord- und Südamerikas, Neuseelands und Afrikas eingebürgert. Verbascum densiflorum: Heimisch in Mittel- und Südeuropa, Kleinasien und Marokko. In vielen weiteren Regionen der Erde mit gemäßigtem Klima eingebürgert. Verbascum phlomoides: Mittel-, Ost- und Südeuropa, Kleinasien, selten auch in Dänemark und Schweden.

Droge: Die getrockneten Kronblätter einschließlich der anhaftenden Staubblätter.

Beschreibung der Droge: Blassgelb, gelb bis braun gefärbt. Krone von Verbascum thapsus leicht dorsiventral, gespreizt 5lappig, Durchmesser 20 mm. Kronlappen außen dicht behaart, innen kahl, mit feiner hellbrauner Nervatur. Staubblätter 5, zwischen den Kronlappen stehend, Staubfäden von 2 Staubblättern lang und unbehaart, die 3 anderen kürzer und dicht filzig behaart. Staubbeutel schräg gestellt. Blumenkrone von Verbascum phlomoides mit Durchmesser von 30 mm, leuchtend gelb bis orange, Krone von Verbascum densiflorum im Durchmesser ebenfalls ca. 30 mm, flach und tief in 5 leicht unterschiedlich große Lappen mit abgerundeten Spitzen geteilt.

Geruch und Geschmack: Geruch schwach honigartig, Geschmack süßlich und schleimig.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Wollblumen, Wollblüten, Wollkrautblumen, Windblüten, Himmelbrandtee. Englisch: Mullein flowers, torch weed flowers, verbascum flowers. Lateinisch: Flores Verbasci, Flos Verbasci, Flores Thapsi barbati.

Herkunft: Überwiegend aus dem Anbau. Hauptlieferländer sind Äthiopien, Bulgarien und Tschechien/Slowakei.

Inhaltsstoffe: Mit Saponinen, Iridoiden und Schleimstoffen drei Inhaltsstoffgruppen, die gleichermaßen einen wesentlichen Beitrag für Wirkung und Anwendung der Droge leisten. Saponine: Gehalt nur etwa 0,01 %. Mehrere Triterpensaponine vom Oleanan-Typ. Hauptkomponente Verbascosaponin. Struktur des Aglykons aufgrund der Epoxygruppe zwischen C-13 und C-28 den Primelsaponinen recht ähnlich. Daneben noch Verbindungen mit 11,28-Epoxystruktur. Iridoide: Ca. 0,1 bis 0,6 %. Überwiegend Aucubin, Catalpol und deren 6-O-ß-D-Xyloside (Xylose gebunden an OH-Gruppe in Position 6 des Aglykons = OH-Gruppe des Cyclopentan-Rings). Schleimstoffe: Gehalt ca. 3 %. Sowohl neutrale (ein Arabinogalactan bestehend aus Arabinose und Galactose und ein Xyloglucan bestehend aus Xylose und Glucose) als auch saure Polysaccharide mit den Uronsäuren Galacturonsäure und Glucuronsäure, den Hexosen Galactose und Glucose, den Desoxyhexosen Mannose und Rhamnose sowie der Pentose Xylose. Phenylethoidglykoside mit Verbascosid (= Acteosid) als wichtigster Komponente nur in von V. densiflorum stammenden Blüten. Flavonoide: 0,5 bis 4 %. Flavone (u. a. Apigenin, Luteolin und deren Glykoside), Flavonole (u. a. Kämpferol, Quercetin und deren Glykoside) und das Flavanonglykosid Hesperidin. Weitere Komponenten: Phenolcarbonsäuren, Phytosterole und etwa 11 % Invertzucker.

Wirkungen: Reizlindernd und expektorierend. In pharmakologischen Untersuchungen konnten ferner antivirale Wirkungen nachgewiesen werden.

Anwendungsgebiete: Als reizlinderndes (einhüllende Wirkung der Schleimstoffe) und das Abhusten erleichterndes Mittel (expektorierende Wirkung der Saponine) bei Erkältungskrankheiten und Husten (Katarrhe der Luftwege).

Volkstümliche Anwendungsgebiete: In der Volksheilkunde mit zahlreichen weiteren Indikationen, für die jedoch ein Wirkungsnachweis nicht gegeben ist. Innerlich u. a. als Diuretikum, Antirheumatikum und bei Blasen- und Nierenerkrankungen, äußerlich zur Wundbehandlung, bei entzündlichen bzw. mit Juckreiz einhergehenden Hauterkrankungen und Insektenstichen.

Gegenanzeigen: Nicht bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Nicht bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Nicht bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Aus der zerkleinerten Droge als Aufguss oder mittels anderer galenischer Zubereitung einer (soweit vom Arzt nicht anders verordneten) Tagesdosis von 3-4 g Droge entsprechend. Zur Teebereitung werden 3 bis 4 Teelöffel voll fein zerschnittener Wollblumen (1,5-2 g) mit kochendem Wasser übergossen und nach 10 bis 15 min durch ein Teesieb gegeben.


Bilder:
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Königskerzen sind bevorzugt an sonnigen Standorten offen im Gelände anzutreffen. Meist finden sich einzelne Individuen, gelegentlich aber auch recht große Bestände (Abbildung links oben). Die Blüten der stattlichen Pflanzen finden sich in einer Scheinähre, bei der es sich exakt um eine Thyrse aus ährig angeordneten Knäueln handelt (rechte Abbildung). Die Farbe der Blüten ist bei allen Arten gelb. Ganz selten treten auch weißblütige Pflanzen auf (Abbildung links oben und links unten). Die Blüten erscheinen auf den ersten Blick radiärsymmetrisch. Beim genaueren Betrachten fällt jedoch auf, dass die Kronzipfel eine unterschiedliche Größe aufweisen. Hervorstechendes Merkmal der Blüte sind die unterschiedlich langen Staubblätter, von denen die kürzeren dicht wollig behaart sind (Abbildung links unten).

 

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Literatur: Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York; M. Wichtl (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1997; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 22a vom 01.02.1990; Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, Grundwerk 2002 und 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; E. Teuscher, Biogene Arzneimittel, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 1997; E. J. Jäger, K. Werner (Hrsg.), Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Bd. 4, Gefäßpflanzen, Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag 2002; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN). [Online Database] National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Available: http://www.ars-grin.gov/cgi-bin/npgs/html/taxon.pl?41150 (04 September 2003); http://www.ars-grin.gov/cgi-bin/npgs/html/taxon.pl?41145 (04 September 2003); http://www.ars-grin.gov/cgi-bin/npgs/html/taxon.pl?102312 (04 September 2003).


© Thomas Schöpke