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Wildes Stiefmütterchen mit Blüten - Violae herba cum floris
[Ph. Eur. 5. Ausgabe, Grundwerk 2005]

Stammpflanzen: Viola tricolor L. / Wildes Stiefmütterchen, insbesondere die Unterarten Viola tricolor L. ssp. tricolor sowie Viola tricolor L. ssp. subalpina GAUD., und Viola arvensis MURR. (teilweise angegeben als Viola tricolor ssp. arvensis (MURR.) GAUD.) / Feld-Stiefmütterchen [Fam. Violaceae / Veilchengewächse]. Synonyme: Viola tricolor: Viola tricolor L. ssp. vulgaris (KOCH) OBORNY. Viola arvensis: Viola tricolor L. ssp. arvensis (MURR.) GAUD.) Viola tricolor L. var. arvensis WAHLENB. Dt. Synonyme: Ackerveilchen, Dreifaltigkeitsblume, Dreifarbiges Veilchen, Freisamkraut, Fronsamkraut, Jesusblümchen, Sinnviole, Stiefmütterchen Tag- und Nachtveigerl (gelten für beide Arten). Englisch: Viola tricolor: European wild pansy, field pansy, heart's-ease, hearts-ease, johnny-jump-up, love-in-idleness, miniature pansy, pansy, wild pansy. Viola arvensis: European field pansy, European wild pansy, field pansy, wild pansy.

Botanische Beschreibung der Stammpflanzen: Ein-, zwei- bis mehrjährige (nur Viola tricolor), bis 25 cm hoch werdende Kräuter mit gekerbten, eiförmig-lanzettlichen, bis 3 cm langen Blättern und auffallend großen, geteilten Nebenblättern. Blüte mit gespornter Krone, bei Viola arvensis Kronblätter cremefarben, bei Viola tricolor die drei unteren meist gelb, obere blauviolett, bei beiden Arten die drei unteren mit purpurnen bis schwärzlichen Strichen. Allgemein sehr formenreich!

Verbreitung: Viola tricolor von Island und Nordnorwegen über das gesamte Europa bis zum Altai und Vorderindien. Oft auf Wiesen, aber ebenso wie folgende Art auf Ackerland und Schuttplätzen. Viola arvensis Mittelmeergebiet, gemäßigtes bis kühles Europa (fehlend in Island), östlich bis Vorder- und Mittelasien sowie Vorderindien. Besonders auf Getreide- und Hackfruchtäckern, Brachen, an Weg- und Ackerrändern.

Droge: Die getrockneten, blühenden, oberirdischen Teile von Viola arvensis MURRAY und/oder Viola tricolor L., die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Flavonoiden von 1,5 Prozent aufweisen, berechnet als Violanthin.

Beschreibung der Droge: Der Stengel ist winkelig und hohl. Die gestielten, im Umriss eiförmigen, am Grunde länglichen oder stumpfen Laubblätter besitzen leierförmige, in der Mitte geteilte Nebenblätter. Die lang gestielten, zygomorphen Blüten besitzen 5 ovale, lanzettliche Kelchblätter mit einem nach außen gerichteten Anhängsel und 5 Kronblätter, von denen das untere einen Sporn trägt. Die Farbe und Länge der Kronblätter variieren je nach Herkunft der Droge. Bei der von Viola arvensis stammenden Droge sind die Kronblätter kürzer als der Kelch, das untere Kronblatt ist cremefarben und mit schwarzen Streifen versehen und die 4 oberen Kronblätter können cremefarben oder violettblau sein. Bei der von Viola tricolor stammenden Droge sind die Blütenblätter länger als der Kelch, violett gefärbt und mehr oder weniger gelb getönt. Das Androeceum besteht aus 5 Staubblättern, die an der Spitze einen häutigen Konnektivfortsatz mit 2 Spornen aufweisen. Dem dreiteiligen Fruchtknoten entspringt ein kurzer Griffel, der eine kugelförmige Narbe trägt. Die kahnförmigen, 3lappigen Kapselfrüchte sind gelblichbraun und 5 bis 10 mm lang. Sie enthalten zahlreiche hellgelbe, birnenförmige und etwa 1 mm lange Samen, die Samenanhängsel (Caruncula) tragen.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Stiefmütterchenkraut, Viola-tricolor-Kraut. Lateinisch: Violae tricoloris herba.

Herkunft: Überwiegend aus dem Anbau in mitteleuropäischen Ländern, besonders Holland, Deutschland, Frankreich.

Inhaltsstoffe: Flavonoide: Gehalt mindestens 0,2 %, höchster Gehalt in den Blüten. Sowohl freie Aglykone als auch Glykoside, darunter eine Reihe von Glykosylverbindungen (C-Glykoside). Das Hauptflavonoid ist Rutin. Schleimstoffe: Gehalt ca. 10 %. Unterscheidbar ist eine wasserlösliche und eine wasserunlösliche Fraktion. Weitere Bestandteile: Sehr wenig (ca. 0,01 %) ätherisches Öl, ca. 0,2 % Benzoesäurederivate, darunter insbesondere Salicylsäuremethylester, Violutosid (Salicylsäuremethylesterglucaribinosid), ferner p-Hydroxybenzoesäure, Protocatechusäure, Vanillinsäure, Gentisinsäure; Phenylpropansäuren (u. a.  trans- und cis-Cumarsäure, trans-Kaffeesäure). Im Gegensatz zu älteren Literaturmitteilungen sind keine Saponine sondern hämolytisch aktive Peptide vorhanden.

Anwendungsgebiete: Zur äußerlichen Anwendung bei leichten, seborrhoischen Hauterkrankungen sowie Milchschorf der Kinder.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Innerlich u. a. bei Rheuma, Gicht, Arteriosklerose und als leichtes Abführmittel bei Verstopfungen. Die Wirksamkeit bei diesen Indikationen nicht belegt.

Gegenanzeigen: Keine bekannt.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Zur äußerlichen Anwendung: Als Aufguss oder Abkochung 1,5 g auf 1 Tasse Wasser 3 x täglich. Zur innerlichen Anwendung: Als Infus 5 bis 10 g pro 1 Liter Wasser 3 x täglich ein Esslöffel, als Tee ein Esslöffel mit einer Tasse Wasser überbrühen und im Laufe des Tages nach den Mahlzeiten trinken.


Bilder:

Stammpflanzen der Droge sind V. tricolor L. ssp. tricolor (Abbildung links oben) und V. tricolor L. ssp. subalpina GAUD. (Abbildung links unten) sowie V. arvensis: (Abbildung rechts oben). Augenfälligster Unterschied zwischen den Arten bzw. Unterarten ist die Farbe der oberen Kronblätter. Bei der Nahaufnahme der Blüte sind die für beide Arten charakteristischen violettschwarzen Streifen auf den unteren Kronblättern deutlich zu erkennen (Abbildung rechts unten).


Literatur: Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, Grundwerk 2002 sowie 7. Nachtrag (2004) sowie 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 6, Drogen P-Z, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1994; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 50 vom 13.03.1986; Schöpke Th, Hasan Agha MI,  Kunath, Kraft R, Otto A, Hiller K, Hämolytisch aktive Komponenten aus Viola tricolor L. und V. arvensis Murray, Sci. Pharm. 61 (1993): 145-153.


© Thomas Schöpke